Überholung der Hydraulikbremsanlage von Wawa.the.Duck

Zur Beachtung:
Alle Arbeiten an Bremsen müssen unbedingt mit größter Sorgfalt durchgeführt werden. Wenn man sich nicht sicher ist, sollte man lieber einen Fachmann befragen oder die Arbeiten durch einen Fachmann ausführen lassen. Bei Bremsen darf man nichts ausprobieren oder experimentieren. Die Bremsen sind deine Lebensversicherung !

Alle hier beschriebenen Arbeitsschritte habe ich aus eigener Erfahrung, nach bestem Wissen niedergeschrieben. Ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit meiner Angaben.

Die Anwendung dieser Anleitung geschieht ausdrücklich auf eigene Gefahr

Zunächst wird das Vorderrad ausgebaut und die Bremsscheiben mit feiner Stahlwolle poliert. Man kann auch Metallreinigungsmittel (Chromputzmittel oder Scheuermilch) verwenden, muss dann aber peinlich darauf achten, dass anschließend alle Rückstände entfernt werden. Die Bremsscheiben sind übrigens nicht verchromt, sondern aus einer nicht rostenden Legierung. Der Rost, der sich trotzdem auf den Scheiben befindet ist meistens nur Flugrost, also nur feinste Eisenpartikel (sie sind in der normalen, staubigen Luft enthalten), die sich auf dem blanken Metall angesetzt haben. Dieser Rost läßt sich normalerweise problemlos mit der Stahlwolle entfernen.
Bei einigen Bremsscheiben habe ich schon mehrere Zehntel tiefe Rostnarben gesehen, die nur durch jahrelange Einwirkung von z.B. Salzrückständen entstanden sein können. Diese Narben kann man natürlich nur durch Abdrehen oder Abschleifen beseitigen.

Vorderrad wieder handfest einbauen, damit die Maschine für die folgenden Arbeiten sicher steht.

Zur Überholung der Bremsanlage muss diese komplett zerlegt werden. Keine Angst, das ist halb so wild. Wenn die Bremse mit alter Flüssigkeit noch Wirkung zeigt, besteht Hoffnung das man die Anlage ohne Ersatzteile wieder fit bekommt. Bremsflüssigkeit ist schlecht für alles was lackiert ist. Also am besten vorher den Tank und Schutzblech mit Folie abkleben.

Zunächst nehmen wir uns den Hauptbremszylinder im Griff vor. Dazu die beiden Inbusschrauben (unter dem Bremsflüssigkeitsbehälter) aufschrauben und vorsichtig auseinander ziehen. Vorsicht, der Kolben steht unter Federspannung. Aus dem Griffteil die Scheibe und den Wellendichtring entnehmen. Nun den Bremskolben, Zylinder und Bremsflüssigkeitsbehälter von allen schlammigen und zähen Rückständen befreien. Mit Aceton, Spiritus oder Benzin auswaschen. Die Innenseite des Zylinders kann man ggf. mit feiner Stahlwolle polieren. Die Stahlwolle dazu auf einen Draht oder Schraube aufwickeln und dann wie eine Flaschenbürste verwenden. Den Stössel des Kolbens mit Stahlwolle oder 400er (oder feiner) Schleifpapier polieren.

 

 

Von oben durch den Behälter erkennt man zunächst nur eine ca.2mm starke Bohrung. Daneben sitzt noch eine sehr feine Bohrung, die vielleicht nur ein Zehntel misst. Diese muß auch unbedingt durchstoßen werden, z.B. mit einem einzelnen Litzedraht oder einer sehr feinen Nadel.

Im Autoteile Handel besorgt man sich eine Tube ATE Bremszylinderpaste. Die gibt es nur in der "Klinik-Packung" ausreichend für ca. 500 Bremszylinder - kostet aber nicht die Welt.

Wirklich nur ATE-Bremszylinderpaste verwenden!!! Lass dir nichts anderes aufschwätzen.
Es geht nur damit !!!

Mit dieser Paste wird nun der Kolben und die Gummidichtungen dünn eingeschmiert. Alles wieder zusammensetzen und sorgfältig zusammenschrauben.

Es kommt bei alten Bremsanlagen immer wieder vor, dass die Bremse klemmt oder "hängen" bleibt. Die Bremskolben am Bremssattel öffnen dann nicht mehr vollständig. Dies geschieht durch Dreck und oder Rost zwischen Bremskolben und Bremszylinder am Bremssattel. Vorsicht, dies tritt bei alten Bremsen oft auch erst während der Fahrt durch Erwärmung auf. Aus diesem Grund müssen unbedingt auch die Kolben in den Bremszangen überholt werden.
Dazu muss man die Bremszange vom Gabelholm abschrauben und die Bremsbeläge entfernen. Die Bremszangen der Hercules haben 2 Kolben. Die Bremszangen sind fast symmetrisch aufgebaut und sind in der Mitte geteilt. Durch Entfernen der beiden Schrauben M6 lassen sich die beiden Hälften leicht trennen. Vorsicht dabei läuft Bremsflüssigkeit aus!

Nachdem die beiden Hälften getrennt sind, entfernt man zunächst aus der einen Hälfte den Dichtungsring, welcher die beiden Hälften abdichtet und reinigt ihn.

 

Nun kann man den Kolben vorsichtig mit Pressluft herausdrücken. Dabei den Kolben mit einem Lappen sichern, damit er nicht wegfliegt. Sollte keine Pressluft zur Verfügung stehen, kann man den Kolben auch vorsichtig mit einer Zange herausziehen. Dabei ist besondere Vorsicht geboten, da die Kolben aus einem sehr spröden Material bestehen und leicht beschädigt werden können. Damit es leichter geht, kann man den Kolben gegen die Bremszange verdrehen. Den Kolben entnehmen und gleich mit einem Tuch von Flüssigkeit und Schmutz säubern. Anschliessend den Simmering vorsichtig aus der Nut nehmen.

 

Beim Herausdrehen der Lüftungsschraube ist darauf zu achten das die Kugel nicht wegspringt. Nun alle Teile gründlich mit Aceton, Spiritus oder Benzin reinigen. Ist der Kolben stark verschmutzt, kann man ihn vorsichtig mit feiner Stahlwolle polieren. Den Simmering rundherum, dünn mit ATE Paste bestreichen und wieder in die Nut legen. Dann den Kolben ebenfalls mit ATE Paste einschmieren und soweit eindrücken, das er fast bündig abschliesst.
Nachdem die andere Hälfte in gleicher Weise behandelt wurde, bestreicht man den Dichtungsring, welcher die beiden Hälften abdichtet , ebenfalls dünn mit ATE Paste und legt ihn in die entsprechende Vertiefung der einen Hälfte. Jetzt kann man die beiden Hälften wieder zusammenschrauben.

Nun den zweiten Bremssattel in gleicher Weise überholen.

Jetzt sollte man sich die Bremsbeläge anschauen. Verschlissene Beläge natürlich austauschen. Alte Beläge sehen oft noch gut aus, sind aber verhärtet oder durch ausgetretene Bremsflüssigkeit verölt. Diese müssen auch ausgewechselt werden. Wenn die alten Beläge wieder verwendet werden sollen, sollte man sie auf jeden Fall mit einer sauberen Stahlbürste und/oder Sandpapier wieder etwas aufrauhen.

Wurde die gesamte Anlage, wie hier beschrieben, überholt, ist sie vollständig entleert und man muß sie nun neu befüllen und entlüften. In diesem Fall muß die neue Flüssigkeit entweder mit Unterdruck angesaugt werden oder man kann die Bremse auch mit Druck von unten befüllen. Ich beschreibe hier mal die Druckbefüllung, von unten, da sie mir praktischer erscheint.
Da der Entlüftungsnippel durch eine 5,4 mm Kugel wie ein Ventil wirkt, müssen wir für diese Methode die Kugel entfernen. Dazu den Lüftungsnippel komplett herausschrauben und die Kugel entnehmen. Lüftungsnippel wieder ganz einschrauben und leicht festziehen. Wegen der fehlenden Kugel dichtet er jetzt nicht mehr ab.
Für die Druck- wie auch die Unterdruckbefüllung benötigen wir einen Behälter, mit dem Druck bzw. Unterdruck erzeugen können. Speziell Behälter gibt es für viel Geld im Motorradzubehörhandel. Ich habe mir hierzu eine 100 ml Spritze aus der Apotheke besorgt. Passend zu dieser Spritze gibt es durchsichtigen Kunststoffschlauch (20cm reichen aus). Spritze und Schlauch blasenfrei mit Bremsflüssigkeit füllen und den Schlauch auf den Lüftungsnippel auf stecken. Nun langsam Bremsflüssigkeit einspritzen. Für eine Bremszange bis hoch zum Vorratsbehälter werden nur ca. 10-20ml benötigt.
Es empfiehlt sich den Deckel des Vorratsbehälters locker aufgeschraubt zu lassen, da die Flüssigkeit sonst im hohen Bogen oben herausspritzt. Wenn die Flüssigkeit oben angekommen ist, Bremshebel ziehen und fixieren, Schlauch vom Nippel entfernen, Nippel herausschrauben, die Kugel wieder einsetzten und Lüftungsnippel dicht zuschrauben. Dabei muß man ziemlich schnell sein, da die Flüssigkeit wieder heraus läuft. Dieser Teil gefällt mir auch nicht so gut, aber mir ist noch keine effektivere Methode eingefallen. Bremshebel wieder lösen und die gleiche Prozedur nun an der anderen Bremszange wiederholen.
Nun den Vorratsbehälter bis zur max. Markierung mit Bremsflüssigkeit auffüllen. Bremshebel ziehen und halten. Etwaige restliche Luft, welche sich noch im Bremszylinder und im oberen Ende der Schläuche befindet, steigt nun als Blasen auf. Bremsgriff langsam loslassen. Diese Aktion, langsam ziehen, halten, loslassen nun solange wiederholen, bis die Kolben der Bremszangen die Bremsbeläge gegen die Bremsscheiben drücken. Erst dann kann sich schliesslich spürbar Druck aufbauen.
Wenn man nach dem Befüllen keinen Druck aufbauen kann liegt es IMMER daran das der Kolben nicht richtig abdichtet. Selbst mit Luft im System kann man Druck aufbauen. Manchmal liegt eine Beschädigung vor (verschlissene Dichtung des Kolbens oder Kratzer im Bremszylinder). Meistens war es aber mangelnde Schmierung zwischen Kolbendichtung und Zylinder. Beim Einsetzten des Kolbens muß dieser mit ATE-Bremszylinderpaste eingeschmiert werden - nicht zu viel und auch nicht zu wenig. Ich kann es immer nur wiederholen. Es geht nur mit ATE-Bremszylinderpaste!!! Dann sollte der Kolben schon mal ohne Befüllung ein paar mal schnell bewegt werden. Wenn die Bremse befüllt ist und man keinen Druck aufbauen kann, dann den Griff in kurzen Abständen, sehr schnell ziehen und loslassen. Wenn die Dichtung einmal ‘gegriffen‘ hat funktioniert es wieder. Das Prinzip ist wie bei einer Luftpumpe. Die Dichtung ‘bläht‘ sich durch die schnelle Bewegung auf und muß zunächst einen gleichmäßigen Schmierfilm aufbauen. Dann geht es.
Jetzt alle Teile, auch die Reifen, von ausgelaufener Bremsflüssigkeit säubern und die Anlage auf Dichtheit und Druckfestigkeit überprüfen. Bei gezogener Bremse darf auch nach Minuten kein Bremsdruck spürbar verloren gehen, sonst ist etwas undicht oder es ist noch Luft im System. Alle Schrauben nochmals auf festen Sitz überprüfen.

Wenn alles ok ist darf man sich nun an eine Probefahrt wagen. Dabei ist aller größte Vorsicht geboten. Neue Bremsbeläge müssen sich erst auf den alten Scheiben einschleifen und haben am Anfang fast keine Bremswirkung. Auch kann ein "Klemmen" der Bremskolben nicht ausgeschlossen werden.

Uff - das war jetzt viel. Ist aber wirklich nicht so kompliziert. Wenn nichts kaputt ist, bzw. neu lackiert wird, dauert eine komplette Überholung ca. 2 Stunden. Danach bremst sie wieder wie der Teufel.

 Material:

Aceton zum Reinigen der Teile (Vorsicht ! nicht so lange auf Gummi einwirken lassen)
Benzin oder Spiritus geht auch und ist nicht so aggressiv
Bremsflüssigkeit DOT3  
ATE Bremszylinderpaste  
Stahlwolle,400er oder 600er Schleifpapier zum Reinigen der Bremsscheiben, zum Polieren der Kolben der Bremszangen und des Bremszylinders

 

Zur Beachtung:
Alle Arbeiten an Bremsen müssen unbedingt mit größter Sorgfalt durchgeführt werden. Wenn man sich nicht sicher ist, sollte man lieber einen Fachmann befragen oder die Arbeiten durch einen Fachmann ausführen lassen. Bei Bremsen darf man nichts ausprobieren oder experimentieren. Die Bremsen sind deine Lebensversicherung !

Alle hier beschriebenen Arbeitsschritte habe ich aus eigener Erfahrung, nach bestem Wissen niedergeschrieben. Ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit meiner Angaben.

Die Anwendung dieser Anleitung geschieht ausdrücklich auf eigene Gefahr